Da ich ein paar Tage frei habe und schönes Wetter ist, nehme ich heute meine geplante Schweizer Rundreise in Angriff. Um 14.15 startet meine Tour gleich beim Opernhaus Zürich. Der Sechseläuteplatz ist ziemlich leer heute; vor ein paar Tagen haben hier noch Corona-Antilockdown-Aktivisten demonstriert. Ich mache eine Foto des Opernhauses Zürich.
Da das Opernhaus leider momentan geschlossen ist, kann man jedes Wochenende eine gestreamte Aufführung dieses Hauses erleben, ein Angebot, von dem ich auch Gebrauch mache.
Kurz darauf überquere wieder einmal die Quaibrücke und weil der Blick von dieser Brücke jedesmal wieder erfreut, mache ich doch gleich zwei Fotos.
Längere Zeit fahre ich danach durch Zürich Richtung Westen. Es hat ziemlich viel Verkehr, von Corona ist kaum mehr etwas zu spüren, da nun ja auch die Geschäfte wieder geöffnet haben.
Beim Letzigrundstadion halte ich kurz und mache ein Bild. Fussball wird ja momentan nicht gespielt in der Schweiz, dies im Gegensatz zu Deutschland.
Nach ca. einer halben Stunde Fahrt bin ich plötzlich im Grünen und auf dem Land
Ich umrunde den Uetliberg, den Hausberg von Zürich und gelange bald nach Birmensdorf, eine Ortschaft, die ein bisschen abgelegen ist und vor allem durch seine Militärkaserne bekannt ist.
In der Folge geht’s einer Fahrradroute entlang Richtung Süden. Da heutige eine kräftige Bise weht, habe ich eine willkommene Windunterstützung und fast mühelos gleite ich durch das sogenannte Säuliamt.
Bald schon erreiche ich die Reuss, überquere sie und bin nun im Kanton Aargau
Nach über zwei Stunden Fahrt gönne ich mir die erste richtige Pause, sitze auf eine Bank unter einer Linde und geniesse den Ausblick auf die Rigi.
Bald schon breche ich wieder auf und folge der Reuss in einiger Entfernung Richtung Süden. Der Weg ist abwechslungsreich und ziemlich eben, bis ich etwa 20 km vor Luzern einen grösseren Hügel überqueren muss. Oben angekommen werde ich mit einer wunderbaren Aussicht auf den Pilatus belohnt.
Später in der Ebene fahre ich nun entlang der Reuss. Es ist sehr angenehm, da der Weg oft im Schatten ist und eben bis nach Luzern führt.
Als ich die Stadtmauern von Luzern erreiche, erblicke ich in der Reuss einen Wellensurfer, der mithilfe eines elastischen Seiles im Wasser herumkurvt; das hatte ich noch nie gesehen bisher, es scheint eine neue Sportart zu sein – vielleicht heisst sie Bungee-Surfing? So würde ich sie jedenfalls nennen.
Um 18.45 Uhr komme ich in meinem Hotel in Luzern an, das ziemlich zentral gelegen ist. Nach einer kurzen Dusche schlendere ich noch ein wenig in dieser wunderschönen Stadt herum. Es ist belebt und in den Restaurants sitzen wieder ziemlich viele Leute, aber es ist natürlich kein Vergleich zu normalen Zeiten, wenn sich Touristenströme (vor allem Asiaten) durch Luzern zwängen wie wir letztes Jahr zur gleichen Zeit hier erlebt haben.
In einem italienischen Restaurant setze ich mich in den Garten und geniesse Salat, Lasagne und ein kleines Bier. Das leiste ich mir jetzt, obwohl ich mal wieder abnehmen möchte – und ich bin stolz darauf, dass meine Selbstbeherrschung gross genug ist, dass ich nicht noch eines bestelle.
Wieder zurück im Hotel würde ich mich jetzt am liebsten gleich aufs Bett legen, aber ich sollte ja noch meinen Blog schreiben… und vielleicht doch noch ein zweites Bierchen trinken.
Fakten Day 1: Zürich – Luzern
04:16 Fahrzeit
65,6 km Strecke
15,4 km/h Durchschnittsgeschw.
600 m bergauf
570 m bergab
Nach gutem Schlaf begebe ich mich um 07.00 in den Frühstücksraum; es hat sehr wenig Gäste – aus verständlichen Gründen – und ich setze mich an einen coronaunfreundlichen Tisch, auf dem schon alles vorbereitet ist, nur noch Kaffee und Orangensaft wird mir von der Kellnerin gebracht.
Bald schon breche ich auf und verlasse Luzern wieder auf dem gleichen Weg auf dem ich gekommen bin – der Reuss entlang.
Bald biege ich aber links ab und es erwartet mich schon die erste Steigung des Tages – es sollte nicht die letzte sein. Nachdem ich Littau durchquert habe, geht’s nun ins Entlebuch, das Tal, das von der kleinen Emme durchflossen wird. Vor Malters überquere ich diesen munter dahinplätschernden Fluss, der aber bei Unwettern auch schon Unheil angerichtet hat.
In Malters rufe ich einen guten Freund an, der mit mir an Lehrmittelprojekten mitarbeitet, gerne hätte ich ihm Hallo gesagt und einen kurzen Schwatz geführt, er nimmt das Telefon aber nicht ab, vielleicht ist er ja gerade in einer Videokonferenz mit seinen Schülern.
Kurz nach Malters biegt mein Weg links ab, das ist eine Abkürzung, der Weg entlang der kleinen Emme wäre viel weiter gewesen. Als ich diese Holzbeige mit dem Blindfenster entdecke muss ich schmunzeln – das gibt doch ein tolles Fotosujet her:
Es ist fast immer das Gleiche mit den Abkürzungen: Der Weg ist zwar kürzer, dafür muss man Höhenmeter überwinden. Auch diesmal ist es so, zu Beginn ist es so steil, dass ich mein Fahrrad schieben muss. Ich habe aber einen schönen Rückblick
Bis fast auf 1000 Meter ü. Meer steigt die Strasse an, bis sie wieder hinunter zur Ortschaft Entlebuch führt. Ab da ist die Route meist auf der Hauptstrasse, was ziemlich unangenehm ist, da es ziemlich viel Verkehr hat an diesem Mittwoch morgen.
In Schüpfheim (von den Einheimischen Schüpfä genannt) mache ich mal wieder einen Fotostopp.
In einem Café in diesem Ort decke ich mich mit Proviant ein und trinke hurtig einen Kaffee. Ich möchte nicht zu viel Zeit verlieren, denn ich bin ziemlich langsam unterwegs heute wegen den vielen Steigungen, die ich zu bewältigen hatte. So breche ich bald wieder auf.
Nach Schüpfheim ist die Route nun endlich ziemlich gleichmässig eben, dazu hat es einen schmalen Radweg und der Rückenwind gibt mir auch Unterstützung – so gefällt’s!
In der nächsten grösseren Ortschaft, Escholzmatt, befindet sich die Wasserscheide zwischen kleiner Emme und Ilfis, die im Gegensatz zur kleinen Emme nach Westen fliesst.
Nach kurzer Abfahrt biege ich links weg und komme in ein sehr schönes Tal, das nach Marbach führt. Hier hat es wenig Verkehr und ich komme gut vorwärts auf dem neu angelegten Radweg.
Nach einer angenehm zu bewältigenden Anhöhe komme ich nun in den Kanton Bern. Offenbar ist hier Beat Feuz, der Schweizer Abfahrtsskistar aufgewachsen, denn ich werde begrüsst mit seinem Bild und ich würde mich nun im Weltmeistertal befinden. Das Weltmeistertal ist das hintere Emmental und die Ortschaft heisst Schangnau.
Eigentlich würde der Weg hier weiter nach Thun führen (mein usprüngliches Etappenziel). Ich hatte aber dann die Idee nach Interlaken zu fahren. Das Problem dabei: Der Weg führt über einen kleinen Pass, den ich nicht kenne und der ziemlich hoch ist mit seinen 1550 Metern.
Zuerst aber geht’s runter an die Emme, die Abfahrt macht Spass. Doch sobald ich die Emme überquert habe, hört der Spass auf. Eine ruppige Steigung erwartet mich. Ich steig von meinem Drahtesel und schieb und schieb. Es hat kaum Leute hier auf diesem Nebensträsschen, nur einmal werde ich locker flockig von einem Paar mit E-Bikes überholt, denen ich zurufe, ich hätte auch gerne ein E-Bike – aber insgeheim wünsche ich, dass ihr Aku bald leer ist.
Die Steigung ist endlos, aber die Strasse führt durch eine schöne Landschaft mit immer wieder ändernden Ausblicken
Sehr froh bin ich, als der Weg ebener wird und ich nun endlich wieder fahrenderweise vorwärts komme.
Auf einer Anhöhe auf der ich einen Ausblick ins Eriztal habe (von diesem Tal habe ich noch nie gehört), mache ich meinen Mittagshalt.
Dieses Tal fahre ich in der Folge hoch. Bald schon muss ich vom Velo steigen, ein steiler Schotterweg macht ein vernünftiges Fahren unmöglich.
Es ist aber sehr schön hier und ausser 2 Mountainbikern und ein paar wenigen Wanderern begegnet mir auf dem Aufstieg zu diesem Säumerpass niemand.
Ich schieb und schieb, während der Weg immer schlechter wird und die Steine darauf immer grösser werden. Ich komme mir vor wie ein Bergwanderer, der dummerweise noch ein Fahrrad dabei hat.
Als ich endlich oben bin, erwartet mich ein wunderbares Plätzchen mit einer tollen Aussicht und mit Bänken, die mich zu einem Nickerchen einladen – ich lass mich nicht zweimal bitten und lege mich für ein Viertelstündchen hin.
Gespannt bin ich auf die Abfahrt, oder muss ich wie aufwärts zu Fuss gehen, weil der Weg so schlecht ist? Zum guten Glück ist der Weg auf der Südseite dieses Passes weniger ruppig; ich gehe zwar zu Beginn auch ein Stückchen zu Fuss – aber bald schon kann ich fahren, langsam zwar und dabei muss ich höllisch aufpassen, dass ich nicht über zu grosse Steine oder zu schnell über Wasserrinnen fahre.
Bald schon ist die Strasse geteert, ich bin sehr froh darüber.
Unterwegs überhole ich drei Wanderer mit Hund. Als ich vorbeifahren möchte, ruft jemand «Pass auf Beni». Ich rufe zurück «Heisst der Hund Beni?». «Ja», sagt die Frau. Ich entgegne, dass ich auch so heisse und wir müssen alle lachen…
Von Habkern wird die Strasse breit und komfortabel. Im Nu bin ich unten in Interlaken, respektive Unterseen, wo sich mein Hotel befindet. Dort angekommen unterhalte ich mich ein wenig mit dem Gastgeber, der mir davon erzählt, wie anders es nun sei hier in Interlaken seit dem Corona-Lockdown.
Vor dem Duschen sehe ich mich noch ein wenig um hier in Interlaken, fahre die Flaniermeile hoch und sehe die leeren 5-Sterne-Hotels, die immer noch geschlossen haben. Interlaken selbst hat – so wie ich finde – eigentlich nicht allzu viel zu bieten; es sind sicher die nahen, berühmten Berge, die diesen Ort attraktiv machen.
Das schönste Sujet bieten die Baby-Schwäne, die wirklich süss sind.
Und damit man mir glaubt, dass ich in Interlaken war, hier noch in Bild eines berühmten Hotels in diesem Ort.
Kulinarisch habe ich auch heute abend Glück: Gleich neben dem Hotel befindet sich ein italienisches Restaurant mit grosser Gartenwirtschaft. Gerne setze ich mich dort an einen freien Tisch und geniesse einen gemischten Salat und Penne Arrabiata; natürlich darf der Corretto con Grappa zum Schluss nicht fehlen.
Ich bleibe noch lange sitzen und beginne am meinem Blog zu schreiben.
Zurück im Hotelzimmer schau ich aus meinem Fenster und erblicke als Krönung des Tages die im Abendlicht strahlende Jungfrau, den nebst dem Matterhorn bekanntesten Berg der Schweiz.
Mit diesem schönen Eindruck endet ein abenteuerlicher, aber sehr schöner Tag.
Die heutige Tour ist nur hartgesottenen Tourenfahrern zu empfehlen, denen es nichts ausmacht, zusammen mit dem Fahrrad eine Bergwanderung zu machen. Ich habe die heutige Etappe aber trotz aller Mühen sehr genossen.
Fakten Day 2: Luzern – Interlaken
07:35 Fahrzeit
76,0 km Strecke
10,0 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
1’940 m bergauf
1’830 m bergab
Zum frühstmöglichen Zeitpunkt finde ich mich an diesem Morgen im Frühstücksraum ein, es ist 7 Uhr 30. Bald schon breche ich auf und ich freue mich auf diesen Tag, denn das Wetter ist herrlich.
Kaum bin ich einen Kilometer gefahren, halte ich schon wieder an, weil nun Eiger, Mönch und Jungfrau miteinander zu sehen sind.
Nach kurzer Zeit erreiche ich den Thunersee, der an diesem Morgen unglaublich schön daliegt – ein Stück Bilderbuchschweiz.
Ich fahre auf dem linken Ufer dieses Sees entlang und mache immer wieder eine Foto. Bei Spiez führt der Radweg etwas weiter weg vom See über eine Anhöhe, von der ich das Schloss Spiez erblicke.
Wenn ich zurückblicke, kann ich immer wieder die grandiose Berner Oberländer Bergwelt bestaunen.
Am Ende des Thunersee befindet sich die grössere Stadt Thun, die ich kaum kenne; nur einmal musste ich vor Jahren hierhin zu einem militärischen Wiederholungskurs einrücken, aber von der Stadt hatte ich kaum etwas gesehen damals. Deshalb nehme ich mir Zeit, diesen Ort etwas näher anzuschauen.
An einem erstaunlich belebten Platz, lasse ich mich in einem Strassencafé nieder und trinke einen Kaffee und esse ein Gipfeli dazu. Würde die Kellnerin nicht einen Mundschutz tragen, würde man meinen, die Corona-Zeiten wären nun endgültig vorbei.
Nachher fahre ich noch langsam durch die schmucke Altstadt und mache noch ein Foto von diesem schönen Platz:
Auch das Schloss, das oberhalb von Thun auf eine Anhöhe thront, entdecke ich.
Nach Thun geht es noch eine Weile in der Ebene weiter, nach Uetendorf aber beginnt die Strasse anzusteigen und ein stetiges Auf und Ab erwartet mich nun. Ich schau nochmals zurück auf die Berner Alpen.
Bei Seftigen erwartet mich eine ziemlich happige Steigung. Da ich mich aber auf einer kaum befahrenen Nebenstrasse befinde, nehme ich es gemütlich und stosse das Fahrrad, wenn es mir zu steil wird.
Es ist sehr ländlich hier, die Bauernschweiz, die so etwas wie heile Welt vermittelt, begleitet mich auf diesem Abschnitt meiner Etappe. Ich kenne diese Region gar nicht, so bin ich gespannt, durch welche Ortschaften mich meine Route führt.
In der etwas grösserer Ortschaft Riggisberg, von der ich auch schon gehört hatte, erblicke ich auf einer Anhöhe ein grösseres, schlossähnliches Gebäude.
In der Folge fahre ich endlich mal eine längere Strecke mehr oder weniger gerade aus auf dieser Hochebene, die ca. 800 M. ü. Meer liegt.
In der Ortschaft Schwarzenburg entdecke ich ein Verkehrsschild auf dem «Guggisberg» draufsteht.
Dieses Schild erinnert mich an das wohl berühmteste und auch schönste Schweizer Volkslied, das sogenannte «Guggisbärglied», das auch «‘S Vreneli ab äm Guggisbärg» betitelt wird. Es ist eines der wenigen Schweizer Volkslieder, welches in Moll steht und so die Tragik der Liebesgeschichte in diesem Lied gut zum Ausdruck bringt. Hier zwei speziell für meine Leser ausgewählte Versionen dieses Liedes.
https://www.youtube.com/watch?v=ao-6AfFkIcI
https://www.youtube.com/watch?v=WN0PS9yHoaY
Von Schwarzenburg sause ich hinunter an die Sense, den Grenzfluss zwischen dem Kanton Bern und dem Kanton Fribourg. Leider geht’s auf der anderen Seite gleich wieder hoch. Es ist so heiss heute wie im Sommer und da es auf dieser Strasse einigen Verkehr hat, bräuchte ich diese Steigung nicht zu meinem Glück.
Glücklicherweise bietet sich auf dreiviertel Höhe dieser Steigung ein wunderbares schattiges Plätzchen für eine Mittagsrast an.
Zum Glück ist dies die letzte Steigung des Tages. Von nun an geht’s meist abwärts Richtung Fribourg, meinem heutigen Etappenziel. Ich erblicke im Westen den Höhenzug des Juras mit dem Chasseral als höchstem Punkt.
Mit dem Chasseral verknüpfe ich Jugenderinnerungen. Mit unserem Deutschlehrer haben wir dort einst vor vielen Jahren auf einer Schulreise übernachtet. Und es war nicht irgendein Deutschlehrer, sondern der berühmte Markus Werner, der nach seiner wohl nicht so befriedigenden Lehrerzeit bedeutender Schweizer Schriftsteller geworden ist. Ein Satz, den Markus Werner abends, als wir zusammensassen, an mich richtete, ist mir bis heute in Erinnerung geblieben: «Wäber, suufsch kän Wii?» (Weber, trinkst du keinen Wein?). Ich muss anfügen, dass wir damals etwa 17 Jahre alt waren.
Markus Werners Erstlingsroman „Zündels Abgang“ finde ich übrigens sein gelungenstes Werk.
kurze Radiosendung über „Zündels Abgang“
Bald schon bin ich in Fribourg/Freiburg, eine zweisprachige Stadt, die an der Sprachgrenze liegt und die von einer Flussschlaufe der Saane umgeben ist.
Es war ein unglaublich schöner Tag heute mit Bilderbuchwetter und dazu auch eine landschaftlich sehr reizvolle Etappe. Nur das Auf und Ab hat mich ziemlich fertig gemacht am heutigen Tag. Deshalb lege ich mich nach der Dusche aufs Bett und mache ein ausgiebiges Nachmittagsschläfchen, bevor ich mich ans Blogschreiben mache.
Abends schlendere ich noch ein wenig in dieser etwas nüchtern wirkenden, aber interessanten Stadt herum auf der Suche nach einem lauschigen Plätzchen in einem Restaurant.
Ich habe Glück und find eines. Mmh, lecker, Spaghetti Bolognese:
Fakten Day 3: Interlaken – Fribourg:
Fahrzeit ca. 5 Std. 30 Min.
74.4 km Strecke
1’040 m hinauf
1’000 m hinab
Der heutige Tag beginnt relativ spät. Coronabedingt gibt’s kein Frühstück in Hotel, in dem ich übernachtet habe, und da mein Velo eingeschlossen wurde und die Reception erst um 8.30 Uhr öffnet, kann ich ausschlafen an diesem Morgen. Ich schaffe es aber, ziemlich genau um halb neun loszufahren. Nachdem ich eine Zeitlang durch Vororte von Fribourg gefahren bin, finde ich mich plötzlich in einem Wald mit Naturweg wieder. Das ist schön, aber ich komme langsam vorwärts. Wenig später bin ich nicht sicher, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin; der Weg wird plötzlich schmal und ich muss absteigen.
Unten komme ich zu einer romantischen Landschaft:
Ein ständiges Auf und Ab auf Waldwegen, so gestaltet sich in der Folge die Strecke. Es ist schön, aber ich bin ein wenig besorgt, weil ich so kaum vorankomme.
Glücklicherweise werden die Strassen besser und als ich kurz vor Romont in einer Patisserie/Boulangerie meinen ersten Kaffee trinken und dazu einen feinen Kirschenkuchen essen kann, bessert sich meine Laune merklich auf.
Das Städtchen Romont, das erhöht auf einem Hügel liegt, ist schon von weitem zu sehen. Eigentlich würde die Fahrradroute nicht direkt durch diesen Ort führen; da ich ihn aber nicht kenne, beschliesse ich, dort hinaufzufahren. Es ist ziemlich ruhig in diesem Städtchen, das vielleicht schon bessere Zeiten gesehen hat – auf der Suche nach einem Restaurant werde ich auch nicht fündig. So fahre ich schnell wieder weiter, nicht ohne noch schnell ein Foto zu schiessen von Festung und Kirche.
Nach Romont werden die Wege besser. Oft fahre ich auch leicht erhöht Hügelkuppen entlang, wo ich eine gute Aussicht habe.
Ich glaube sogar, in der Ferne den Montblanc, den höchsten Berg Europas zu erblicken; ich bin aber nicht ganz sicher. In dieser Region kenne ich mich mit Bergen nicht so aus.
Ich geniesse es sehr bei diesem sommerlichen Wetter durch die Landschaft zu gondeln. Der Himmel ist auch wieder blauer und die milchigweissen Schleierwolken sind nun fast verschwunden. Nur der Gegenwind kündigt einen Wetterumschwung an.
Bei meinem letzten Aufstieg erhasche ich einen Blick in die Walliser Alpen und glaube, das Monta-Rosa-Massiv zu entdecken.
Gespannt bin ich auf den Genfersee. Der sollte doch nun bald in mein Blickfeld geraten, da ich die letzten Anhöhen der heutigen Etappe überwunden habe.
Endlich ist es soweit. Der Anblick raubt mir fast den Atem.
Da die Szenerie so einzigartig schön ist, folgt hier noch ein weiteres Bild, fast von der gleichen Stelle aus aufgenommen.
Etwas weiter unten gerate ich in die berühmten Weinberge dieser Region. Meine Fahrradroute führt mitten hindurch.
In Vevey ist die Fahrradroute nun am See unten. Ich staune, wieviel Volk hier unterwegs ist. Vor einem Monat wäre das coronabedingt noch unvorstellbar gewesen.
Bald schon erreiche ich Montreux, das mondäne heutige Etappenziel. Es hat mit seinem Yachthafen fast schon monacoartige Züge.
In einem Hotel, das schon bessere Zeiten gesehen hat, steig ich ab, nehme eine Dusche, mache ein kurzes Nickerchen und suche frisch und ausgeruht nach einem Restaurant. Wieder habe ich Glück. In der Molina-Pizzeria finde ich noch ein Plätzchen, zwar nicht draussen, dafür habe ich Internet und kann deshalb zwischen den Gängen gut am Blog schreiben.
Die heutige Etappe hat ein bisschen zäh begonnen, es wurde aber immer besser. Fantastisch der Genfersee heute mit seinen verschiedenen Blautönen!!!
Fakten Day 4: Fribourg-Montreux:
6 Std. 44: Fahrzeit
82 km: gefahrene Strecke
12.2 km: Durchschnittsgeschw.
1’500 m hinauf (so viel?)
1’740 m hinab
Am Vorabend konnte ich die wunderbare Abenstimmung in Montreux geniessen, zuerst am See unten, dann vom Balkon aus, wo ich noch eine ganze Weile sitzen blieb.
Am Morgen stehe ich früh auf, ich habe eine lange Etappe vor mir und da eine Regenfront angekündigt ist, möchte ich so bald als möglich losfahren und ihr, wenn möglich, entrinnen. Als ich auf den Balkon trete und hinausschaue, ist das Wetter aber noch ganz passabel.
Um halb acht fahr ich los. Es geht zuerst dem See entlang, auf der Hauptstrasse, was aber nicht stört, da es noch kaum Verkehr hat an diesem Samstagmorgen.
Bald schon erblicke ich das berühmte Schloss Chillon, das eine beliebte Sehenswürdigkeit ist. Als Kind hatte ich das auch mal aus einem Bastelbogen zusammengebastelt; das war gar nicht so einfach, weil nur schon der Grundriss dieses Schlosses recht komplex ist.
Wenig später verlasse ich den See und fahre zuerst Richtung Südosten meist der Rhone entlang. Es hat kaum Wind und so komme ich gut vorwärts.
Die Rhone ist meist kanalisiert (leider!) und die Fahrradroute befindet sich oft auf dem Deich.
Das Rhonetal ist hier im unteren Bereich bis St. Maurice, wo es eine enge Stelle hat, sehr breit. Nach St. Maurice hindert mich plötzlich ein heimtückischer Gegenwind am zügigen Vorankommen.
Das kann ja noch heiter werden, denke ich, hoffe aber, dass sich dies nach dem „Rhoneknick“, wo das Tal gegen Osten abbiegt, bessert. Dazu kommt noch, dass ich mich leicht verfahre und ich wundere mich, dass mir dies trotz Komoot-App und beschilderter Fahrradroute passiert.
Nach dem Rhoneknick ist der lästige Gegenwind tatsächlich wieder weg und ich bin froh, dass ich wieder meine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 18 km/h erreiche.
Das Wetter wird immer besser und ich kann kaum glauben, dass es heute noch regnen soll.
Es ist schon viel einfacher, vorwärtszukommen, wenn es eben ist – und ich geniesse es. Es sind ziemlich viele Velofahrer unterwegs an diesem Morgen. Aber der Ansturm auf die Fahrradwege hält sich in Grenzen, wie man auf dem Bild sieht.
Ohne richtige Pause zu machen fahre ich fast bis Sion. In der Agglomeration vor Sion entdecke ich einen Coop Pronto. Endlich kann ich meine Vorräte aufstocken. Ich kaufe Getränke und etwas zu essen und lösche meinen Durst gleich vor dem Laden.
Sion (dt. Sitten) ist die Hauptstadt des Kanton Wallis; da ich sie noch nie richtig besucht habe, weiche ich leicht von der vorgegeben Route ab und fahre langsam durch die für mich mediterran wirkende Altstadt.
Kurz nach Sion entdecke ich einen Imker, der mit seinem „Astronautenanzug“ bei seinen Bienenvölkern am Hantieren ist. Das erinnert mich an meinen Vater, der passionierter Bienenzüchter war, mir aber seine Begeisterung für dieses Hobby nicht vererben konnte.
An einem kleinen Seelein in der Nähe von Siders, wo sich Leute in Badehose tummeln und einige davon schon baden, mache ich eine kleine Mittagsrast. Auf dem gegenüberliegenden Berghang entdecke ich Crans-Montana – hier liegt also dieser bekannte Skiort, den ich nur vom Hörensagen und den Skirennen kenne.
Die Sonne ist in der Zwischenzeit verschwunden und dunkle Wolken verdecken den Himmel – also, nichts wie weiter, denn der Weg nach Brig ist immer noch weit.
Als ich in der Nähe von Leuk zurückblicke, sehe ich, dass eine bedrohliche Wetterfront schnell näher kommt.
Dazu setzt plötzlich ein stürmischer Wind ein, der zum Glück von hinten kommt. Jetzt hält mich nichts mehr. Wie ein Verrückter trete ich in die Pedalen und erreiche bis 40 km/h. Vielleicht schaffe ich es ja noch bis ins Ziel, ohne nass zu werden.
Schon fallen die ersten Tropfen und der Wind bläst orkanmässig:
Was für ein Spektakel. Ich geniesse es fast ein wenig. Leid tun mir die paar wenigen Velofahrer, die in die andere Richtung fahren. Das macht bestimmt keinen Spass.
Kurze Zeit später setzt heftiger Regen ein. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als schnell die Regenkleider überziehen und den Rest der Etappe in strömendem Regen zu fahren – und es sind immerhin noch ca. 25 km.
Es ist aber gar nicht so schlimm, denn der Rückenwind bläst immer noch, und so erreiche doch noch mein Etappenziel Brig.
Fakten:
7 Std. 42 Fahrzeit
134 km Strecke
17.4 km/h Durchschnittsgeschw.
1’110 m bergauf
810 m bergab
Der heutige Tag beginnt mit einer Zugsfahrt. Ohne gefrühstückt zu haben fahre ich zum Bahnhof Brig, wo ich mit zwei Mountainbikern in den Zug nach Andermatt steige – sonst ist der Zug ziemlich leer. Auch sonst ist noch wenig los an diesem frühen Sonntagmorgen, nur 3 Leute mit Skis stapfen zu einem Postauto.
Die heutige Fahrradtour startet in Andermatt. Natürlich hätte ich auch über den Furkapass dorthin gelangen können, aber das tue ich mir nicht an; dieser Pass ist mit über 2400 m einer der höchsten Pässe der Schweiz und heute vielleicht sogar schneebedeckt nach dem Kälteeinbruch.
Viel lieber sitze ich gemütlich im Zug, der im Tunnel den Furka durchqueren wird. Die Fahrt durch den obersten Teil des Rhonetals, des sogenannten Obergoms ist sehr schön. Als der Zug in einem der vielen kleinen Dörfchen hält, kann ich folgendes Foto schiessen.
Bald erreicht der Zug den Furkatunnel, der mit 15.4 km Länge einer der längsten Bahntunnels Europas ist. Auf der anderen Seite komme ich ins rauhere Hospental, das Tal vor dem Gotthardmassiv. In Andermatt steige ich aus. Es ist sehr kalt heute morgen. Nach einem Kaffee, der mich ein wenig aufwärt, nehme ich die Abfahrt zum Vierwaldstättersee in Angriff. Zu Beginn verläuft die Fahrradroute auf der Hauptstrasse, auf der schon viel Rückreiseverkehr unterwegs ist.
Weiter unten verlässt die Fahrradroute die Hauptstrasse und es wird angenehmer, da mich nun auch die Sonne wieder ein wenig aufwärmt.
Ich geniesse den nun folgenden Teil und bin schon bald in Flüelen. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf den südlichen Arm des Vierwaldstättersees, den Urnersee.
Ab Flüelen werde ich ein kurzes Stück mit dem Zug fahren. Die Axenstrasse entlang dem Urnersee ist mit ihren Tunnels und dem vielen Verkehr ziemlich gefährlich für Velofahrer. Als ich auf den Zug warte, sehe ich beim Hafen alle Kantonsflaggen der Schweiz im Wind flattern.
Ich beginne innerlich aufzuzählen, durch welche Kantone ich auf meiner Schweizer Rundreise gefahren bin: Zürich, Aargau, Luzern, Bern, Fribourg, Waadt, Wallis, Uri, Schwyz, Zug und wieder Zürich. Das sind 10 Kantone.
Der Zug führt mich ans andere Seeende des Urnersees, nach Brunnen. Dort steige ich aus und habe die Hausberge von Schwyz, die Mythen im Blick.
In der Folge fahre ich dem Lauerzersee entlang in Richtung Arth-Goldau. Dieser Ort ist bekannt wegen eines gewaltigen Bergsturzes im Jahre 1806, der den Ort ausradierte und über 450 Menschen das Leben kostete.
Erinnert an diese Katastrophe werde ich von grossen Felsbrocken die bei Arth-Goldau die Fahrradroute säumen und von diesem Bergsturz herrühren.
Arth-Goldau ist auch ein Bahnverkehrsknotenpunkt wie anhand der nächsten Foto unschwer zu erkennen ist. Von hier aus fährt auch eine Zahnradbahn auf die berühmte Rigi, einem beliebten Ausflugsziel.
Kurze Zeit später bin ich am Zugersee, der sich tiefblau präsentiert an diesem schönen Tag.
Die Fahrradroute führt nun dem See entlang; es sind hier viele Leute unterwegs an diesem herrlichen Tag: Fahrradfahrer, Töfffahrer, Autofahrer, Spaziergänger. Aber es stört mich nicht.
In Zug führt die Route durch die aparte Altstadt. Sie ist überschaubar klein.
Zug ist bekannt durch die vielen (Briefkasten)firmen, die – wegen den niedrigen Steuern – von hier aus geschäften. Und leider sind einige schwarze Schafe darunter, wie spätestens seit den sogenannten Panama-Papers allgemein bekannt ist.
Der Weg führt nochmals an das Seeufer und hier ist allerhand Betrieb.
Das darauffolgende Wegstück bis Sihlbrugg ist weniger interessant und verläuft oft entlang einer stark befahrenen Strasse.
Nach Sihlbrugg folgt die Route der Sihl, einem Fluss, der beim Zürcher Hauptbahnhof in die Limmat mündet. Ich bin überrascht von der Schönheit des nun folgenden Streckenabschnittes.
Bei Gattikon verlasse ich das Sihltal und habe wenig später einen schönen Blick auf den Uetliberg, den Hausberg von Zürich.
Wenig später erreiche ich Zürich und umrunde das Seebecken. Es herrscht wieder „Normalbetrieb“, d.h. die Coronobeschränkungen sind aufgehoben oder man meint zumindest, sie seien es.
Gegen 16.30 Uhr erreiche ich den Sechseläuteplatz beim Opernhaus, wo meine 6-tägige Schweizer Rundfahrt zu Ende geht.
Es war sehr schön, wieder einmal in der Schweiz eine längere Rundtour zu machen und ich bin fast geneigt zu sagen, dass es in der Schweiz halt doch am Schönsten ist. Natürlich hat das perfekte Wetter auch zu diesem Eindruck beigetragen; und es war ein gute Idee, touristische Brennpunkte (Luzern, Interlaken, Montreux) anzusteuern in dieser coronabedingten Flautezeit – so konnte ich das Flair dieser Orte ohne die sonst üblichen Touristenmassen geniessen.
Fakten Andermatt – Zürich:
6 Std 8 Fahrzeit
111 km Strecke (davon ca. 96 km gefahren mit Fahrrad
18 km/h Durchschnittsgeschw. (ist da die Zugsfahrt drin?)
990 m bergauf (so viel?)
2’020 m bergab